Ein Bericht der WAZ - WR - WP - vom 23.03.2014

Nach Jahrzehnten brennt sein Feuer für das Turnen wie am ersten Tag

 

1956 Länderkampf Westfalen - Hessen.

 

Vierter von links der Niederlaaspher Heinz Schäfer. ---  Foto: Archiv Wolfgang Thiel

 

 

 

Niederlaasphe.
„Turnen ist die Grundlage für viele Sportarten. Es fördert Koordination, Kraft, Disziplin, Schnellkraft, Ehrgeiz. Es schult, den Fokus auf das Wesentliche zulenken“, weiß Heinz Schäfer aus eigener Erfahrung.

Im Alter von elf Jahren trat er 1948 dem TuS 1910 Niederlaasphe bei, ist ihm bis heute treu geblieben und hat sich in den 65 Jahren seiner Vereinszugehörigkeit sowohl als aktiver Sportler wie auch auf Funktionärsebene für seine Sportart engagiert: „Turnen war und ist mein Leben.“ Er war Teilnehmer bei zehn „Deutschen Turnfesten“, absolvierte Hunderte von Wettkämpfen und wurde aufgrund hervorragender Leistungen bei Gauwettkämpfen und Westfälischen Meisterschaften 1956 für den Länderkampf im Kunstturnen gegen Hessen in die Westfalen-Riege berufen.

Die erste seiner zahlreichen Sieger- und Ehrenurkunden holte er sich jedoch nicht als Turner, sondern im Jahr 1950 auf Langlaufskiern bei den nordischen Ski-Schulwettkämpfen in Neuastenberg. „Die Urkunde gibt es noch heute“, erzählt er bei unserem Besuch. Am Wettkampftag ging es um 6 Uhr bei Kälte und Dunkelheit zunächst zu Fuß mit den Langlaufskiern auf dem Rücken nach Laasphe, um von der Haltestelle der Firma Marburger & Messerschmidt mit dem Linienbus nach Berleburg weiterzufahren. Dort wurden die Teilnehmer aus Wittgenstein eingesammelt und zu den Wettkampfstätten in Neuastenberg gebracht. „Da ich der einzige Teilnehmer aus Niederlaasphe war und deshalb von keinem Lehrer begleitet wurde, war ich auf der Fahrt in das Höhendorf wie beim Lauf gegen die Uhr ganz allein auf mich gestellt. Dass dabei ein sechster Platz herauskam, machte mich damals mächtig stolz.“Eine gewisse Vorentscheidung zugunsten des Turnens war da bereits gefallen. Zu dieser Zeit standen auf dem Schulhof der Volksschule Niederlaasphe die Sportgeräte Barren und Reck, die den Wagemut der Jungen nicht nur während der Pausen und des Sportunterrichts herausforderten, sondern auch in der Freizeit zu einem beliebten Treffpunkt von Heinz Schäfer und seinen Freunden wurde: „Meine Eltern sahen das und die Übungsstunden im Turnverein überhaupt nicht gern, da ich genau wie meine drei Brüder und die beiden Schwestern bei der Feldarbeit helfen musste. Sie hatten die Hoffnung, dass es sich bei der Turnerei nur um ein Strohfeuer handeln würde.“ Da lagen sie allerdings ein wenig daneben, flackert dieses „Strohfeuer“ doch bis zum heutigen Tag.

 

Training im Hotel zur Lahn

 

Die Grundlage zu späteren sportlichen Aktivitäten legte bei dem jungen Niederlaaspher als erster Übungsleiter Erich Seim: „Da wurde jedoch nicht nur geturnt, sondern auch geboxt.“ Trainingsstätte des Vereins war bis zum Umbau im Jahr 1951der Saal des „Hotels zur Lahn“. Übergangsweise half danach Gastwirt Paul Schreiber den Turnern aus, indem er ihnen in seiner Gastwirtschaft einen Trainingsraum zur Verfügung stellte.

 

Zu den Siegern des Bezirkswettkampftages 2005 in Bad Laasphe zählte auch Heinz Schäfer (im Bild mit seinem Vereinskollegen Dieter Roth).
     Foto: Archiv Wolfgang Thiel

 

Eine Klasseübung zeigte Heinz Schäfer im Jahr 1955 bei den Bezirkswettkämpfen.

Foto: Archiv Wolfgang Thiel

 

Schon zu dieser Zeit verfügte der TuS Niederlaasphe über eine gute Frauen- und Männerriege. Ansporn genug für den talentierten Nachwuchssportler, ihnen mit großem Fleiß nachzueifern und auf der Erfolgsleiter nach oben zu klettern. Er fuhr zu Übungseinheiten in die damalige Turnerhochburg Geisweid – Fußmarsch von Niederlaasphe zum Laaspher Bahnhof, Zugfahrt ins Siegerland und späte Rückfahrt inklusive -, machte dort wie bei zahlreichen Meisterschaftsteilnahmen auf sich aufmerksam. Belohnt wurden seine Erfolge mit der Aufnahme in die westfälische Kunstturnriege. Während der Bundeswehrzeit schloss er sich dem Oldenburger Turnerbund an – der Hallenboden der Übungsstätte bestand aus Sägespänen -, wurde in deren Leistungsriege aufgenommen und lernte dort den späteren Deutschen Meister Jürgen Bischof kennen.

Mit 40 Jahren war er noch als Punktesammler für die Wettkampfgemeinschaft Laasphe/Niederlaasphe in der Kunstturnlandesliga an den Geräten. „Turnen und Sport im Verein haben in der heutigen Zeit eine große gesellschaftliche und soziale Bedeutung. Mit ihren Angeboten leisten die Vereine einen herausragenden Beitrag zur Gesundheitsprävention. Sie schaffen darüber hinaus Gemeinschaft als sozialen Kitt der Gesellschaft, fördern Persönlichkeitsentwicklung, Gleichstellung und demokratische Kultur. Hier werden traditionelle Werte wie Toleranz, Solidarität und Verantwortung vermittelt. Miteinander statt gegeneinander lautet die Devise,“ bringt Schäfer seine Ansichten auf den Punkt. Starkes Engagement im TuS. Deshalb hat er sich bereits während und in stärkerem Maße dann nach seiner aktiven Zeit ehrenamtlichen Funktionen nicht verschlossen. So war er Schriftführer, Oberturnwart und von 1971 an für sechs Jahre Vorsitzender des TuS Niederlaasphe, 20 Jahre lang Turnbezirksvorsitzender, ebenfalls für zwei Jahrzehnte im Vorstand des Siegerland-Turngaus, war sechs Jahre Sportwart im Kreissportbund und für zwei Jahre in gleicher Position im Stadtsportverband tätig und engagierte sich für fünf Jahre bis zur Auflösung der selbstständigen Gemeinde Niederlaasphe im dortigen Gemeinderat. Fit, wie er geblieben ist, nimmt er noch heute an dem einen oder anderen Wettkampf teil: „Das Turnen hat mein Leben geprägt und es froh gemacht.“ Möglich sei dies allerdings nur durch die Unterstützung der Familie gewesen:

„Bei all meinem Engagement wurde ich stets von meiner Ehefrau Rita unterstützt.“

Wolfgang Thiel

28.03.2014